Darum wird Trump nicht länger als 15 Monate bleiben

Mein indischer Freund will mir eine Wette aufdrängen: 50 Euro, dass Trump maximal 15 Monate im Amt bleibt. Dann kommt das Amtsenthebungsverfahren (impeachment), weil er über irgendeine Sache stolpert, die mächtige Gegner nutzen, um ihn durch seinen fundamentaleren Vizepräsidenten Pence zu ersetzen (oder Mike Romney). Ich bin die Wette nicht eingegangen, denn ich glaube er wird Recht behalten.

Wieso wird das so kommen? Trumps Erfolg beruht auf den Erwartungen seiner Wähler, dass er ‚in Washington aufräumt’.

Trump bewegt sich zwischen den Welten: Er hat bei den Republikanern viele Gegner und wird mit ihnen nicht konfliktfrei zusammenarbeiten können. Er wird zwischen den Erwartungen seiner Wähler und denen der Republikaner zerrieben werden. Sein smarter Opportunismus wird ihm helfen, eine gewisse Strecke zu überstehen, aber er kann beide Lager nicht wirklich bedienen. Er ist, als businessman, so klug, darauf zu achten, dass seine Wähler Vorteile bekommen.. Aber die Aufstellung seiner Ministermannschaft zeigt bereits jetzt, dass er sich auf Ideologen und auf reine Interessenpolitiker einlässt, die seine Geschmeidigkeit nicht haben. Er umgibt sich mit ideologischem Ballast.

Da er in der Politik völlig unerfahren ist – bisher sein Vorteil! -, wird er in den Mühlen der Gesetzgebungsprozesse aber Fehler machen. Er muss immer wieder einmal etwas andres tun als er vorher versprach. Und er wir damit immer wieder seinen neuen ’Freunden’ in die Quere kommen. Irgendwann werden sie ihm das heimzahlen. Trump wird nicht immer den richtigen Weg wählen oder die richtigen Worte. Er wird Minister herauswerfen, weil sie seiner Vorstellung von Loyalität nicht genügen.

Das wird nicht jetzt passieren, sondern später, wenn die erwartbaren Enttäuschungen des Wahlvolkes hochschäumen. Dabei ist dann fast schon gleichgültig, wie Trump sich jeweils verhalten wird: er kann seine Versprechen nicht halten: Digitalisierung und Globalisierung schreiten weiter voran. Seine Versprechen waren sein Ticket zum Erfolg. Wenn aber der Held versagt, werden sein erratisches Verhalten, seine Rotzigkeit und Unberechenbarkeit zur offenen Flanke, in die hinein alle möglichen Angriffe inszeniert werden können. Irgendwann ist ein Zustand erreicht, in dem wieder offen darüber diskutiert wird, wie man sich ‚solch einen Idioten anlachen konnte’. Trumps Politik: ein Konglomerat von Versprechen, Fehleinschätzungen und kurzsichtigen Maßnahmen, wird viele ihrer Positionen weder erreichen noch halten. Da Trump gegenüber seinen großspurigen Versprechen versagen wird, werden die Republikaner sich dann schnellstens vom ihm distanzieren, um nicht in die Enttäuschung und Wut der (ehemaligen) Wähler mit hineingerissen zu werden. Sie werden die Karte der ‚Vernunft’ ausspielen – und des Anstandes, der christlichen Werte etc. – alles, was Trump nicht hat. Wenn man ihm an den Karren will, bietet er tausend Flanken. Z.B. warum hat er eine Ausländerin zur Frau? Eine Spionin? Etc. Alles, was im Wahlkampf an Lügen, Fakes und Boshaftigkeiten eingesetzt wurde, ließe sich schnell gegen Trump wenden.

Aber die Wähler wollten nicht vernünftig sein, sondern radikal. Wenn Trumps Radikalität sich als Luftnummer weist – und er wird sich im Politikgeschäft natürlich verstricken und nichts ‚aufräumen’ – gehen die Wähler dann resigniert zur konservativen Routinen zurück? Oder bleiben sie wütend und radikal? Wem aber rennen sie dann hinterher? Welche Figuren werden in diesem Theater noch auftauchen?

Trump bleibt nicht länger als 15 Monate. Warum 15 Monate? Die Zahl ist gegriffen. Aber er wird das erste Jahr noch vom Kredit seiner Wahl leben. Manche Maßnahmen werden greifen, andere werden gar nicht getroffen, dritte versagen. Nach einem Jahr Amtszeit ist der Lack ab und das Murren nimmt gravierend zu. Damit ist dann das politische Schussfeld eröffnet. Er braucht nur ein oder zwei Fehler zu machen. Und er wird Fehler machen, ständig. Findet man ihn sympathisch, verzeiht man ihm alles. Aber viele werden ihn dann nicht mehr sympathisch finden, sondern entdecken, dass er letztlich nur das ist, was er immer war: Ein gerissenes Arschloch.

Wer ist Trump? Wird man sich fragen. Der Typ ist letztlich unwichtig, nur ein Medium des letzten Aufbäumens gegen die Hypermoderne. Hier reiht sich Trump in einen politischen Zyklus, der Putin, Erdogan, Orban, Modi etc. heißt. Wahrscheinlich werden sie sich gegenseitig ‚erkennen’ und gut finden, aber es sind völlig verschiedene Beweggründe. Putin ist eine Figur des Neobyzantinimus, Erdogan eine Simulation des osmanischen Reiches. Beides sind Despotenfiguren; Trump nicht. Trump ist Demagoge in einem demokratischen Feld, das seinetwegen weder aufhört noch gefährdet ist: er wiegelt den demos / das Volk auf, das sich jetzt mächtig fühlt. Aber es wird im Zyklus der Verfassungsherrschaftsformen wieder verschwinden. Gewöhnen wir uns daran, dass die Demokratie noch andere Varianten aufspielt als wir sie die letzten 50 Jahre gewohnt waren.

Trump ist die Parallele zur disruption, die in der Wirtschaft, in ihrem digitalen Modus heiß erörtert und praktiziert wird. Disruption heißt: Änderungen des Geschäftsmodells. Im Gegensatz zur Wirtschaft wird Trump das in der Politik nicht durchsetzen können. Die Welt ist zu komplex als dass sie ein dilettantisches Personal ändern könnte. Überhaupt sind (konservative wie andere) Revolutionen wirkungslos, wenn man erwartet, dass einer oben alles regeln soll.

Aber der konservative Impuls wird auch in den USA bleiben, wenn Trump längt vergessen ist. Überhaupt bewegt sich die Welt in eine konservative Phase, mit zunehmend despotischen Ausprägungen. Das neokolonialistische Modell des Demokratieexportes endet. Despotie heißt: Verfassung wie Demokratie werden ‚angepasst’. Das aber wird Trump nicht erreichen; er ist, vergessen wir nicht, kein Machtpolitiker, sondern ein businessman als Politiker. Dass er die republikanischen Fundamentalisten abgeräumt hat, ist, aus der jetzigen Perspektive, sein großer Vorzug. Aber – deshalb die 15-Monate-Prognose – sie werden sich rächen.


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